Wer schon digital arbeitet, hat auch in Krisenzeiten die Nase vorn

In jeder Krise gut aufgestellt: Die mittelständische Hergarten Gruppe profitiert von konsequenter Einführung digitaler Lösungen

Vor genau 10 Jahren begann die Hergarten Gruppe damit, digitale Lösungen in den Unternehmensalltag zu integrieren. Als bundesweit operierender Fullservice-Logistik-Anbieter für die Stahlindustrie machte sie den Anfang mit einer Software für das Transportmanagement, mit der Hergarten die Prozesse zwischen den Kunden und dem Unternehmen detailliert abbilden kann. Von der Auftragsabwicklung, Frachtabrechnung- und Prüfung über die Fuhrparkterminverwaltung, Touren- und Personalplanung bis zur Lademittelverwaltung ist alles möglich. Inzwischen stellt die Hergarten Gruppe den Großteil ihrer Geschäfts- und Verwaltungsprozesse digital dar und nutzt dabei vorwiegend cloudbasierte Systeme. So werden beispielsweise die Daten aus dem Speditionssystem, der Lagerwirtschaft, der Finanz- und Lohnbuchhaltung, des Controllings und des Rechnungsarchivs derzeit in einer Cloud hinterlegt. Und das Ende der Fahnenstange ist damit längst noch nicht erreicht. Denn Fakt ist: Welchen enormen Mehrwert die schrittweise Digitalisierung einem mittelständischen Familienunternehmen wie Hergarten trotz zunächst anfallender Kosten und hohen Integrationsaufwänden bietet, wurde bisher nie klarer als im Corona-Jahr 2020.

„In den vergangenen Jahren haben wir unsere Digitalisierungsprojekte vor allem als Antwort auf den gravierenden Fachkräftemangel in der Speditions- und Logistikbranche betrachtet, mit dem auch wir stark zu kämpfen haben“, berichtet Marcel Hergarten, Geschäftsführer der Hergarten Gruppe. „Wir suchen nicht nur händeringend LKW-Fahrer, sondern auch Lagerfachkräfte, Buchhalter, Mitarbeiter für die Fuhrparkhalter und viele mehr. Wir haben festgestellt, dass sich der Fachkräftemangel über die gesamte Bandbreite der bei uns vertretenden Berufsbilder zieht und wir viele unterschiedliche Wege gehen müssen um vakante Stellen zu besetzen“, so der 39-Jährige. Ein Zustand, der das Unternehmen schon seit Jahren begleitet und wohl vor allem auf das schlechte Image der Branche in der breiten Öffentlichkeit zurückzuführen ist. Ein Zustand, der auch unabhängig davon besteht, ob die konjunkturellen Rahmenbedingungen gerade gut oder schlecht sind. In guten Zeiten ist das Frachtaufkommen der Hergarten Gruppe so hoch, dass sie einen Teil der Aufträge über Subunternehmen abwickeln muss. Das soll jedoch nicht so bleiben. Zum Erhalt und Ausbau der Servicequalität setzt Hergarten verstärkt und mit Nachdruck auf eigene personelle Ressourcen. Doch leider nicht immer mit Erfolg. An Stellen, wo der Wettbewerb um geeignete Fachkräfte für ein mittelständisches und stark spezialisiertes Logistikunternehmen wie Hergarten trotz insgesamt junger Altersstruktur und attraktiven Bedingungen wenig aussichtsreich ist, verfolgt das Unternehmen zunehmend die Strategie mit digitalen Lösungen Personalengpässe zu kompensieren, die Arbeit effektiver und effizienter zu gestalten und überflüssige manuelle Aufgaben zu verschlanken. „Mehr Output bei gleicher Personalstärke eben. Wir reagieren mit dieser Strategie auf fehlenden Nachwuchs, den Fachkräftemangel und dem demografischen Wandel. Personalabbau ist hier nicht das Ziel“, erklärt Marcel Hergarten.

Digitalisierung: Unter dem Strich mehr als lohnenswert

In der Buchhaltung konnte beispielsweise durch den Einsatz digitaler Lösungen trotz steigender Buchungssätze mit gleicher Personalstärke weitergearbeitet werden. Auch sämtliche Eingangsrechnungen werden digital verarbeitet, wodurch zeitaufwändige Hauspostprozesse vollständig entfallen und jederzeit ein Gesamtüberblick über die monatlichen Fremdkosten abrufbar ist. Die durch ein Telematiksystem vollautomatisierte Spesenabrechnung und -archivierung führt zu einer Einsparung von umgerechnet vier Manntagen pro Monat. „An dieser Stelle könnte ich noch viele, auf den ersten Blick vielleicht scheinbar kleine Rechenbeispiele nennen. In der Summe aber entlasten die digitalen Lösungen unsere Mitarbeiter enorm, so dass wir an einigen Stellen auf Neueinstellungen erst einmal verzichten können“, erläutert der Geschäftsführer der Hergarten Gruppe. Und auch hinsichtlich der finanziellen Investitionen zeigt er sich zufrieden: „Natürlich investiert man erst einmal viel Geld. Auch die Aufwände für die Schulung der Mitarbeiter und für die punktuelle Einstellung von digitalisierungsaffinen Fachkräften wie z.B. Wirtschaftsinformatikern, sind kostentechnisch nicht zu unterschätzen. Hinzu kommt, dass die Digitalisierung auch veränderte Managementkompetenzen und einen Kulturwandel erfordert. Aber unsere Mannschaft begrüßt den Einsatz der digitalen Lösungen und erkennt schnell die Vorteile. Das motiviert sie und dadurch zahlen sich dann auch die Investitionen schnell aus.“

Ein Virus verändert die Welt rasant – kann die Hergarten Gruppe da mithalten?

Mit einem Szenario, in dem im Jahr 2020 ein Virus die Gesellschaft und die Wirtschaft stellenweise vollständig zum Erliegen bringt, hätte natürlich auch Marcel Hergarten trotz seiner vorausschauen strategischen Planungen nicht gerechnet. Die Corona-Krise verlangt kompromisslos nach einer veränderten und flexibleren Arbeitsweise in den Unternehmen, nach schnellen und mutigen Entscheidungen. Für den Geschäftsführer der Hergarten Gruppe hat sich glücklicherweise auch in dieser Extremsituation bewahrheitet, wie wertvoll es ist, ruhige und wirtschaftlich solide Zeiten dafür zu nutzen, vorhandene Strukturen zu überdenken und sich auch als traditionsreiches und erfahrenes Unternehmen immer wieder für neue Wege zu öffnen. Eine Strategie, die dem Unternehmen auch bei den starken konjunkturellen Schwankungen seiner Kunden, der Stahlindustrie, schon immer dabei geholfen hat, Einbrüche abzufedern. „Dass wir es noch rechtzeitig vor der Corona-Krise geschafft haben, alle wesentlichen internen Prozesse cloudbasiert zu digitalisieren, ist für uns in dieser Phase ein Segen – auch wenn wir natürlich zunächst mit dem Fachkräftemangel ganz andere Beweggründe dafür hatten“, erzählt Hergarten optimistisch. So konnten an vielen Stellen Mitarbeiter problemlos ins sicherere Homeoffice wechseln, die Datenverarbeitung in den Verwaltungssystemen verläuft auch von externen Stellen aus wie gehabt flüssig weiter und wir können schnell auf alle erforderlichen Informationen zugreifen, wenn Maßnahmen beschlossen werden, die unser Geschäft tangieren. Wenn Corona ausgestanden ist und die Wirtschaft wieder wächst, stehen wir gestärkt in den Startlöchern“, so Hergarten.

Weitere Digitalisierungsprojekte sind deshalb auch schon für die Zeit nach Corona geplant: Personal- und Fahrzeugakten werden zukünftig online zur Verfügung stehen, für eine bessere Work-Life-Balance werden noch mehr Homeoffice-Arbeitsplätze eingerichtet, die Zeiterfassung wird digital überarbeitet und die Telematik- und Warenwirtschaftssysteme von Hergarten und Geschäftspartnern sollen zusammengeführt werden, um den Datenaustausch effizienter und sicherer zu gestalten.