Stahllogistik: Trotz Krise weiterhin hohe Kostensteigerungen

Branche kämpft mit bizarren Bedingungen – Die Hergarten Gruppe, ein führender Full-Service-Logistikdienstleister für die Stahlindustrie, kündigt für 2025 eine Frachtkostensteigerung von bis zu zehn Prozent an. Das Traditionsunternehmen mit neun Standorten in Deutschland begründet den Schritt mit einer branchenweiten, gravierenden Verknappung des Frachtraums und zusätzlichen Fixkosten für das Unternehmen.

„Die Logistik – insbesondere die Stahllogistik – erlebt gerade ein seltenes Phänomen, weil sich die Ladekapazitäten weiter reduzieren, während die Industrie im Krisenmodus ist und das Wirtschaftswachstum stagniert. Das zuvor schon knappe Angebot an Laderaum ist parallel zum konjunkturell gesunkenen Transportaufkommen gesunken“, erläutert Marcel Hergarten, Geschäftsführer der Hergarten Gruppe. Der Stahlhandel verkaufe seit Mitte 2023 bis zu 30 Prozent weniger Material, worauf die Hergarten Gruppe ähnlich wie andere Transportunternehmen reagieren und ihre LKW-Kapazitäten dem aktuellen Mengenvolumen anpassen müsse. Sie reduziert also – wo es möglich ist – relativ zeitnah ihre LKW-Flotte. Die Ressourcen generell anzupassen, mache dagegen keinen Sinn, da man als Logistiker eine bestimmte Infrastruktur jederzeit bereitstellen können müsse. „Personal- und andere Fixkosten auf unserer Seite haben aber natürlich immer Bestand“, beschreibt Hergarten die Rahmenfaktoren für die zunehmende Verknappung der Laderaumkapazitäten in Deutschland und der damit verbundenen Preissteigerung.

2024 reduzierte das Unternehmen die eigene Flotte um gut zehn Prozent, indem Low-Performer-Fahrzeuge hinsichtlich Umsatz, Standzeiten und Schadenquoten aus dem dichten Transportnetz der Gruppe entfernt wurden. Fahrzeuge nur zur Deckung der direkten Kosten einzusetzen, kommt für die Gruppe weder temporär noch dauerhaft in Frage. Deshalb betreibt sie auch weiterhin ein intensives Monitoring zur Rentabilitätsprüfung. Für den Stahlhandel bedeutet das wiederum, dass das Angebot an Laderaum auch weiterhin knapp bleiben wird. „Für uns Logistiker dagegen ist es aufgrund des vorherrschenden Fahrermangels und des demografischen Wandels relativ leicht, die Größe der Flotte flexibel auf die konjunkturelle Situation anzupassen“, so Hergarten. Er sieht jedoch Konsequenzen, sobald die Konjunktur sich auch nur minimal wieder erholt. Aufgrund der fehlenden Laderaumressourcen würde das erhoffte Wirtschaftswachstum wohl sofort wieder ausgebremst. Die Stahlindustrie müsse also vorsorgen, indem sie verlässliche und belastbare Partnerschaften aufbaut und sich umgehend Laderaum für die Zukunft sichert.

Bundesweiter Betriebsschwund

Ungünstig beeinflusst wird die für alle Seiten schwierige Rahmensituation außerdem dadurch, dass die Zahl der ohnehin wenigen Stahlspeditionen in Deutschland weiter rapide schrumpft. Allein in den letzten 15 Jahren haben vier renommierte Stahlspeditionen verteilt über das ganze Bundesgebiet ihren Betrieb eingestellt. Über 500 Arbeitsplätze und mindestens 400 LKW-Einheiten sind damit bereits weggefallen. Im Sommer 2024 folgte noch eine weitere Stahlspedition: Waldau-Trans in Döbeln. „Die Gründe für die Geschäftsaufgaben sind vielfältig. Fehlende Nachfolger, Bürokratiehürden, der extreme Fachkräftemangel und der Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung – nur um einige zu nennen. Fakt ist, dass auch deswegen die Laderaumkapazitäten in Deutschland auf ein historisches Minimum gesunken sind“, sagt Marcel Hergarten.

Zusätzliche Verwaltungskosten

Der Kostendruck in der Logistik ist hoch, die Fixkosten steigen für alle Betriebe mit dem bevorstehenden Jahr erneut. Einige Kosten sind indirekt mit dem gravierenden Fachkräftemangel verknüpft, denn notgedrungen wird auch weniger gut qualifiziertes Personal eingestellt. Schlecht ausgebildetes Personal verursacht jedoch auch deutlich mehr Unfälle, was die Kosten für Versicherungen deutlich in die Höhe schnellen lässt. So auch in der Hergarten Gruppe, die im Jahr 2025 rund 200.000 € mehr für die Unfallversicherung, Schulung und Weiterbildung aufbringen muss. „Wir investieren mehr in die Qualifizierung unserer Fahrer und legen bereits im Recruiting-Prozess ein klares Augenmerk auf den Umgang mit Equipment und die Fahrqualität. Bevor wir einen Bruchpiloten beschäftigen, reduzieren wir eher unsere Flotte und verzichten auf Aufträge“, ergänzt Marcel Hergarten konsequent.

Darüber hinaus sind weitere Investitionen nötig um diverse Nachhaltigkeitsprojekte zu realisieren und die von der europäischen Union geforderte Dokumentation der internen Nachhaltigkeitsprozesse umzusetzen. Das so genannte CSRD-Reporting (Corporate Sustainability Reporting Directive) wird ebenfalls mit Beginn des neuen Jahres verpflichtend für den Mittelstand. „Die Anforderungen sind hier so komplex und tiefgreifend, dass diese Aufgabe dauerhaft nur mithilfe von intelligenten, cloudbasierten Werkzeugen gestemmt werden kann. Und diese kosten einfach Geld“, beschreibt Hergarten die Problematik. Genauso wie das dafür notwendige Fachpersonal, das bei Hergarten nicht nur in Sachen CSRD-Reporting gebraucht wird, sondern auch um die Themen „E-Truck-Einsatz“ und „Verwendung von Alternativkraftstoffen wie EV100“ fachmännisch voranzutreiben. „Denn diese Themen sind nicht von der Agenda gestrichen, sondern durch die aktuelle Krise lediglich etwas ausgebremst“, so Hergarten.

Mehr Lohn für Kraftfahrer

Doch damit nicht genug. Seit Oktober 2024 erhalten alle Berufskraftfahrer stufenweise mehr Lohn und Urlaubstage. Aus Arbeitgebersicht zunächst einmal eine enorme, finanzielle Mehrbelastung „Wir bezahlen dadurch im Jahr 2025 insgesamt zehn Prozent mehr im Vergleich zum bisherigen Lohnniveau. Das steht bereits fest. Doch trotz wirtschaftlich schwierigen Zeiten für alle – den Wunsch nach mehr Lohn kann ich als Arbeitgeber gut nachvollziehen. Ich bin nämlich überzeugt, dass unsere Branche im Verhältnis zu Risiko, Investition und Aufwand in keinem gesunden Verhältnis zum Ertrag steht. Das zieht sich wie ein roter Faden bis zum Fahrpersonal. Wir alle – Spediteure, Logistiker und Stahlindustrie, an die wir ja Teile der Fixkosten weitergeben müssen, sollten uns trotz lauten Seufzen und Gestöhne auf allen Seiten immer wieder die Frage stellen, wer zukünftig sonst unsere LKWs steuern und die Waren zum Kunden transportiert?“, schließt Marcel Hergarten.

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